Mit Abi ins Handwerk: Fach- und Führungskräfte gesucht

Ganz schüchtern kommen Abiturienten manchmal zu Jörg Hamann und sagen ihm, dass sie sich für eine Ausbildung interessieren, erzählt der Abiturientenberater von der HWK Dortmund und schmunzelt. „Die denken einfach, nur weil sie Abitur haben, müssen sie auch studieren“. Dabei gibt es gute Gründe für eine Berufsausbildung. Welche das sind, erzählt er im Interview mit handfest.

Ganz schüchtern kommen Abiturienten manchmal zu Jörg Hamann und sagen ihm, dass sie sich für eine Ausbildung interessieren, erzählt der Abiturientenberater von der

Welche Chancen bietet das Handwerk Schulabgängern mit Abitur oder Fachabitur?

Sie werden gebraucht als künftige Fach- und Führungskräfte, als Meister, Ausbilder, Betriebsleiter und selbstständige erfolgreiche Unternehmer. Die kleinen und mittelständischen Unternehmen des Handwerks bieten eine spannende und praxisorientierte duale Ausbildung mit wertvollen überbetrieblichen Lehrgängen. Für Abiturienten und Fachabiturienten kann die Ausbildung von vornherein bis zu einem Jahr verkürzt werden.

Wie funktioniert das?

Ganz einfach: Das legen Arbeitgeber und Auszubildender im Ausbildungsvertrag fest. Da gibt es die Möglichkeit, eine Verkürzung einzutragen. Voraussetzung ist, dass man Abitur oder den schulischen Teil der Fachhochschulreife hat. In der Berufsschule steigen die Verkürzer direkt ins zweite Schuljahr ein oder werden bereits nach dem ersten Halbjahr in die zweite Klasse versetzt. Das ist von Schule zu Schule unterschiedlich. Wer in der betrieblichen Ausbildung und in den berufsbezogenen Fächern der Berufsschule gute Leistungen nachweist, kann sogar noch einmal um ein halbes Jahr verkürzen. Eine eigentlich dreijährige Ausbildung dauert so theoretisch nur halb so lang.

Ist eine solche Turbo-Ausbildung empfehlenswert?

Nein, nicht unbedingt. Die Verkürzung um ein Jahr befürworte ich, aber die Zeit, die dann noch bleibt, sollte man nutzen. Auch weil man sie braucht, um zum Beispiel alle überbetrieblichen Lehrgänge zu machen, die einem ja auch helfen, gut in seinem Beruf zu sein und eine ordentliche Gesellenprüfung abzulegen. Im besten Fall erreicht man dann eine so gute Abschlussnote, dass man die Voraussetzungen für ein Weiterbildungsstipendium zum Beispiel im Rahmen der Begabtenförderung erhält. Wer seine Stärken eher im Praktischen hat, kann ein solches Stipendium aber auch über den Umweg Leistungswettbewerb erhalten.

Was spricht noch für eine Ausbildung?

Als leistungsstarke Auszubildende absolvieren viele Abiturienten während ihrer Ausbildung ein Auslandspraktikum oder belegen im Berufskolleg eine Zusatzqualifizierung wie Betriebsassistent oder Assistent für Energie und Ressourcen.

Kann man das schon vor Ausbildungsbeginn vereinbaren?

Natürlich, so etwas kann man als sonstige Vereinbarungen in den Berufsausbildungsvertrag aufnehmen. Die Unternehmen bieten diese Möglichkeiten auch verstärkt von sich aus an, als Motivation oder Belohnung für ihre Auszubildenden. Wobei sie ja auch davon profitieren. Ein Auslandsaufenthalt ist ja kein Urlaub, da lernt man auch neue Techniken. Was man bei den Zusatzqualifikationen allerdings beachten muss, ist, dass sie nicht in jedem Berufskolleg angeboten werden. Da muss man vorher gucken, was möglich ist. Man darf sich sein Berufskolleg ja frei aussuchen.

Ein Abiturient will schnell im Handwerk Karriere machen: Was sollte er tun?

Er sollte sich mit einem oder mehreren erfahrenen Handwerkern unterhalten und ein Praktikum im gewünschten Ausbildungsberuf absolvieren. Zu Beginn des letzten Schuljahres sollte er dann die Beratung der Ausbildungsstellenvermittlung der örtlichen Handwerkskammer in Anspruch nehmen und am besten schon im November vor den Prüfungen in die Bewerbungsphase einsteigen. Hat er einen Ausbildungsplatz, macht er in zwei oder zweieinhalb Jahren eine verkürzte Ausbildung, absolviert eine hervorragende Prüfung und kommt dann mit den Mitteln der Begabtenförderung in die Meisterschule.